Bei Schüssen in Halle an der Saale sind ein Mann und eine Frau getötet worden. Ein Mann scheiterte daran, gewaltsam in eine Synagoge einzudringen und filmte sich offenbar dabei. Seehofer spricht von einem rechtsextremistischen Motiv.
In Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt sind am Mittwochmittag ein Mann und eine Frau erschossen worden. Weitere wurden verletzt. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen an sich gezogen. Es bestehe Tatverdacht wegen Mordes mit Staatsschutzcharakter, sagte ein Sprecher des Generalbundesanwalts der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Karlsruher Ermittlungsbehörde kann die Verfolgung einzelner Gewalttäter an sich ziehen, wenn die innere Sicherheit bedroht ist und dem Fall eine besondere Bedeutung zukommt. Hinweise darauf, dass hinter der Tat eine terroristische Vereinigung stehe, gebe es bislang noch nicht, sagte der Sprecher, das könne sich aber noch ändern. Aus Sicherheitskreisen erfuhr die F.A.Z., dass es Anhaltspunkte für Rechtsextremismus bei der Tat gebe.
Inzwischen haben sich die Hinweise darauf erhärtet, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Das berichtet die Nachrichtenagentur „dpa“ unter Berufung auf Sicherheitskreise. Zuvor war von mehreren Tätern die Rede gewesen. Nach Informationen des „Spiegel“ handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter um den 27-jährigen Stephan B. aus Sachsen-Anhalt. Das Nachrichtenportal berichtet weiterhin, dass den Ermittlern inzwischen ein Video vorläge, das der Attentäter offenbar mithilfe einer Helmkamera vor und während der Tat aufnahm. Der 35-minütige Film zeigt, wie B. im Auto sitzt und den Holocaust leugnet und über Juden schimpft. Später ist zu sehen wie er eine Passantin in der Nähe des jüdischen Friedhofs erschießt sowie einen Gast in einem Döner-Bistro in der Nähe der Synagoge. Offenbar war der Täter vom Anschlag im neuseeländischen Christchurch inspiriert. B. sei zuvor nicht polizeibekannt gewesen.
Bei der Attacke in Halle sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums zwei Menschen getötet und mehrere Menschen verletzt worden. „Nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse müssen wir davon ausgehen, dass es sich zumindest um einen antisemitischen Angriff handelt“, sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwochabend. Ein rechtsextremistisches Motiv sei zudem sehr wahrscheinlich: „Nach Einschätzung des Generalbundesanwalts gibt es ausreichend Anhaltspunkte für einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund“, teilte der CSU-Politiker mit.
Was bislang über den Ablauf der Tat bekannt ist
Die Schüsse sollen gegen 12 Uhr im Paulusviertel in unmittelbarer Nähe zur Synagoge nördlich der Innenstadt abgefeuert worden sein. Ein Opfer wurde etwa dreißig Meter von dem Gebäude entfernt auf dem Boden gefunden. Augenzeugen berichteten von einem Täter, der einen Kampfanzug getragen haben soll. Demnach habe es auch eine Explosion auf einem Friedhof gegeben. Der Angreifer ist zunächst mit einem Auto vom Tatort geflüchtet. Am frühen Nachmittag teilte die Polizei mit, einen mutmaßlichen Täter festgenommen zu haben.
Der Verdächtige soll zudem versucht haben, gewaltsam in die Synagoge einzudringen und selbstgebastelte Sprengsätze vor dem jüdischen Gemeindehaus abgelegt haben. Das berichtete die Nachrichtenagentur „dpa“ unter Berufung auf Sicherheitskreise.
„Wir haben über die Kamera unserer Synagoge gesehen, dass ein schwer bewaffneter Täter mit Stahlhelm und Gewehr versucht hat, unsere Türen aufzuschießen“, sagte Max Privorozki, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, der „Stuttgarter Zeitung“. Der Mann habe ausgesehen wie von einer Spezialeinheit. Es seien 70 bis 80 Personen in der Synagoge gewesen, als der Täter laut Angaben der jüdischen Gemeinde versucht haben soll, einzudringen. Die Sicherheitsvorkehrungen am Eingang hätten „dem Angriff standgehalten“. Derzeit begehen Juden auf der ganzen Welt den höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur. Ein Video des MDR zeigt unterdessen einen dunkel gekleideten Mann mit Helm und Stiefeln, der aus einem Auto steigt und mehrfach eine Waffe abfeuert.