Corona-Verdachtsfälle aus Bremen-Nord sollten nicht quer durch die halbe Stadt fahren müssen, um sich in Bremen-Mitte testen zu lassen. Darin sind sich viele Stadtteilpolitiker einig.
Nordbremer Stadtteilpolitiker verschiedener Parteien fordern die Errichtung eines Testzentrums für Bremen-Nord. „Aufgrund der derzeitigen sehr dynamischen Entwicklung der Corona-Pandemie sollte auch in Bremen-Nord zügig für eine Corona-Ambulanz, minimal für eine Testmöglichkeit gesorgt werden.
Mit rund 100 000 Einwohnern und weiten Wegeverbindungen in die City, in das Messezentrum und in das Klinikum Bremen-Ost ist der Weg vor allem mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu weit und zu gefährlich für Risikopatienten“, sagt etwa SPD-Politiker Marcus Pfeiff aus dem Beirat Blumenthal. „Zusätzliche Ansteckungswege in Bus und Bahn müssen vermieden werden.“ Unterstützung erhält er von FDP, CDU und Grünen. Unterdessen bereitet die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen Infektionssprechstunden für infizierte Covid-19-Patienten im Kreis Osterholz-Scharmbeck vor.
„Laut Wissenschaft und Medizinern müsste die Testfrequenz als wirksames Mittel gegen die exponenzielle Ausbreitung der Pandemie deutlich ausgeweitet werden“, sagt der SPD-Politiker und Medizinproduktberater Marcus Pfeiff. Gesundheitspolitiker seien nun gefordert, gute Lösungen für den Bremer Norden zu finden. Pfeiff selbst schlägt die Einrichtung eines Drive-in-Testzentrums für Autofahrer vor. „Testergebnisse gäbe es dann – wie man es schon aus Südkorea kennt – als SMS. Zusätzlich muss das Testzentrum natürlich auch den Bedürfnissen der besonders gefährdeten älteren Bevölkerung angepasst sein und analog erreicht werden können. Denkbar wäre die Einrichtung in einem Hotel oder mit Mobilen Containern auf einem Parkplatz“, so Pfeiff auf Facebook.
In den sozialen Medien hatte anschließend eine Vielzahl von Standortvorschlägen die Runde gemacht. Die Ideen reichten vom Hotel Strandlust in Vegesack über das Ringhotel in Farge bis hin zum Gesundheitsamt am Aumunder Heerweg und dem Klinikum Bremen-Nord an der Hammersbecker Straße. Auch die Grünen im Beirat Blumenthal unterstützen die Forderung nach einer Corona-Ambulanz im Bremer Norden. „Vorzugsweise in der Nähe des Klinikums Nord, um eine Anbindung einer medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Auch sollte eine gute Anbindung zu den öffentlichen Verkehrsverbindungen bestehen, um den Menschen, die keine andere Möglichkeit haben, den Weg so einfach wie möglich zu gestalten. Es gibt über das Gesundheitsamt wohl die Möglichkeit, eine mobile Testung anzufordern, diese wird jedoch bei Weitem nicht ausreichen, auch in Hinblick auf die Verunsicherung der Bevölkerung“, so Fraktionssprecherin Tina Bothe-Stolle.
Innerhalb der FDP ist ein Nordbremer Corona-Testzentrum wegen der hohen Einwohnerzahl ebenfalls ein Thema, berichtet auf Anfrage der Blumenthaler FDP-Beiratspolitiker Andreas Menzel. Offiziell ein Testzentrum zu beantragen, macht aus Menzels Sicht jedoch keinen Sinn. „Alles, was wir heute beantragen, ist vielleicht morgen schon hinfällig.“ Die Liberalen hätten den Wunsch eines Testzentrums deshalb an ihren gesundheitspolitischen Sprecher Magnus Buhlert herangetragen, der im ständigen Austausch mit der Gesundheitssenatorin sei. „Da wurde klar gesagt, erst mal gibt es eine Corona-Ambulanz im Messezentrum. Das ist natürlich unbefriedigend“, so Menzel. Denn eine Fahrt zum Bremer Messegelände schränke den Aktionsradius möglicher Covid-19-Patienten aus dem Bremer Norden nicht ein, sondern vergrößere ihn zusätzlich. Der FPD-Kreisverbandsvorsitzende Pius Heereman sagt: „Wenn es gute Gründe gegen eine Ambulanz gibt, dann muss der Senat uns das mitteilen. Wir hören aber nichts über Bremen-Nord.“
Andreas Menzel gehört zu denen, die ein Drive-in-Testzentrum favorisieren. Als beispielhaft nannte der Beiratspolitiker hier den Landkreis Osterholz. „Dort gibt es so ein Drive-in-Testzentrum. Da kann man mit dem Auto hinfahren, lässt die Scheibe runter, wird vom Personal in Empfang genommen und fährt weiter. Das ist fantastisch, und so ein Testzentrum braucht auch nicht viel Platz.“
Von einem regulären Drive-in-Testzentrum wollte Michael Schmitz, Geschäftsführer der Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), Bezirksstelle Verden, beim Osterholzer Testzentrum nicht sprechen. Die KVN ist für die Einrichtung, Inbetriebnahme und den laufenden Betrieb des Testzentrums in Osterholz-Scharmbeck verantwortlich. „Wir haben eine Praxis gemietet“, sagte Schmitz. Zwar könnten die Patienten tatsächlich im Auto sitzen bleiben, wenn der Arzt den Abstrich nimmt. Genauso sei es aber auch möglich, dass die Patienten in der Praxis untersucht werden. Derzeit würden im Osterholzer Testzentrum täglich 60 bis 80 Menschen getestet. Voraussetzung dafür sei ein Überweisungsschein des jeweiligen Hausarztes. Die Drive-in-Situation habe sich aus der mangelnden Zahl von Schutzanzügen ergeben. „Das ist ein absolut knappes Gut.“
Wegen des aktuellen Mangels an Schutzkleidung geht Schmitz nicht davon aus, dass es im Landkreis Osterholz weitere dezentrale Testzentren geben wird, auch wenn sich die Bevölkerung dieses wünsche. „Wir bereiten uns jetzt auf den nächsten Schritt vor: Infektionssprechstunden in den Arztpraxen durchzuführen.“ Denn natürlich müssten infizierte Patienten auch behandelt werden.
Pläne für ein Testzentrum am Klinikum Bremen-Nord gebe es aktuell nicht, so Geno-Sprecher Timo Sczuplinski. Das Gesundheitsamt habe durch den Einsatz mobiler Teams Bremen-Nord gut abdecken können, stellt auch der CDU-Gesundheitspolitiker Rainer Bensch fest. Der Nordbremer riet jedoch, die Lage jeden Tag neu zu beurteilen. „Auf jeden Fall sollte sich diese Region darauf vorbereiten, eine eigene Ambulanz zu öffnen, bevor die Fallzahlen zu stark steigen und das mobile Team des Gesundheitsamtes überfordert ist“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete.