In den Bremer Stadtteilen bestehen Lücken im Einzelhandel. Sie sollen mit einem überarbeiteten Nahversorgungskonzept geschlossen werden. Auch die Engpässe in der Überseestadt sollen damit gelöst werden.
Die Überseestadt läuft voll mit Wohnungen und Büros, ein ungeheurer Boom, dem die Behörden kaum Herr werden. An einer Flanke, dem Angebot von Lebensmitteln, wird jetzt kurzfristig nachgesteuert. Auf dem Gelände des Großmarkts soll noch in diesem Jahr ein Supermarkt entstehen. Er wird in einer leer stehenden Halle untergebracht. Das Provisorium ist zunächst auf drei Jahre angelegt und Teil eines Einzelhandelsplans für den Ortsteil im Bremer Westen.
Auf ähnliche Entwicklungen dürfen auch die Bewohner anderer Stadtteile hoffen: Eine Steuerungsgruppe aus Vertretern der Bau- und Wirtschaftsressorts sowie der Handelskammer arbeitet an der Fortschreibung des sogenannten Zentren- und Nahversorgungskonzepts (ZNK), das erstmalig im Jahr 2009 beschlossen wurde. Der Nahversorgungsstandort Überseestadt ist nur eines der geplanten Projekte. Insgesamt soll es bei dem Konzept darum gehen, welche Geschäfte in den unterschiedlichen Stadtteilen angesiedelt und wie die Nahversorgungsstruktur vorangetrieben werden kann. Gutachten zu den Stadtteilzentren werden aktuell in den Beiräten diskutiert.
Erste Gebiete mit erheblichen Problemen sind nach Angaben der Baubehörde bereits klar: Sowohl in den Zentren von Hemelingen und Woltmershausen als auch in Teilen von Horn-Lehe sieht die Steuerungsgruppe „größeren Handlungsbedarf, weil diese die Anforderungen an die Angebotsstruktur, die für eine Versorgung des Stadtteils erforderlich ist, nur noch eingeschränkt erfüllen“.
Andere Gebiete wiesen erhebliche städtebauliche Missstände auf, also Leerstände, eine niedrige Funktionsdichte oder mangelnde Aufenthaltsqualität. Das ist laut den Gutachtern aktuell ebenfalls in Hemelingen und Woltmershausen der Fall. Großes Potenzial sehen die involvierten Parteien hingegen bei verschiedenen Projekten wie etwa dem ehemaligen Könecke- und Coca-Cola-Areal.
Um diese Probleme zu lösen, soll das ZNK neu aufgelegt werden. Nach der Beratung in den Beiräten und den Stadtteilen soll die Beschlussfassung in der Deputation, im Senat und in der Bürgerschaft folgen – wann ist noch unklar. Die große Herausforderung besteht laut Baubehörde darin, dass die verschiedenen Stadtteilzentren nicht aufgerieben werden zwischen der Innenstadt mit ihrem „vielfältigen, spezialisierten Angeboten mit Erlebnischarakter“ und Handels- und Dienstleistungsangeboten in sogenannten Nahversorgungszentren der näheren Umgebung.
Unter nahversorgungsrelevanten Sortimenten verstehen die Experten beispielsweise Super- und Getränkemärkte oder Drogerien. Andere Angebote wie Brillen und Kontaktlinsen oder Elektrogeräte hingegen gehören zu den zentrenrelevanten Sortimenten, anders als Heimwerkerbedarf oder Möbel. Laut der Baubehörde können auf Basis des bestehenden Konzeptes zusammen mit den Erkenntnissen für dessen Fortführung inzwischen zahlreiche Lücken in der Nahversorgung geschlossen werden.
Die Möglichkeit der Ansiedelung von Nahversorgern in der Gartenstadt Werdersee oder im Wohnpark Oberneuland stehen dabei neben dem Gelände des Großmarktes auf dem Plan. Die Überseestadt hat mittlerweile mehr als 2500 Bewohner. Hinzu kommen annähernd 17 000 Menschen, die in dem sanierten Hafengebiet mit seinen alten Schuppen, Speichern und den vielen neuen Gebäuden ihrer Arbeit nachgehen. Lebensmittel einkaufen können sie bislang nur beim Discounter, einem Aldi-Markt, weshalb vor fünf Jahren der Ruf nach einem Vollsortimenter laut wurde.
Als Standort hatten sich die Planer eine Fläche des Großmarkts an der Ecke Konsul-Smidt-Straße/Marcuskaje ausgesucht. Heute parken dort Lastwagen. Doch trotz der Dringlichkeit, untermauert von einem Einzelhandelskonzept für die Überseestadt, wird das Grundstück von der Stadt erst jetzt für die neue Nutzung ausgeschrieben – voraussichtlich im ersten Quartal dieses Jahres, wie die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) mitteilt. „Erfahrungsgemäß muss man bei optimalem Projektverlauf von der Grundstücksausschreibung bis zur Eröffnung des Supermarkts mit drei bis vier Jahren rechnen“, erklärt WFB-Sprecherin Juliane Scholz. Um diesen Zeitraum zu überbrücken, gibt es nun zunächst das Provisorium auf dem Großmarkt-Gelände.