
Siegen. In einem Bus in Siegen hat eine Frau Menschen mit einem Messer attackiert. Fünf Personen wurden verletzt, drei schweben in Lebensgefahr.
Eine 32-jährige Frau ist in einem Linienbus in Siegen-Eiserfeld am Freitagabend (30. August) mit einem Messer auf Fahrgäste losgegangen. Dabei verletzte sie fünf Personen, drei Menschen schweben in Lebensgefahr, eine Person wurde schwer und eine weitere leicht verletzt. Das teilte die Polizei am Abend mit.
Der Bus befand sich auf dem Weg zum Siegener Stadtfest, als die Frau gegen 19.40 Uhr Fahrgäste mit einem Messer attackierte. Menschen seien teils blutüberströmt aus dem Bus gerannt, berichten Augenzeugen gegenüber der „Siegener Zeitung“. Ereignet hat sich das Ganze auf der Freiengründer Straße etwa 100 Meter vor dem Ortseingang des Siegener Stadtteils Eisefeld in einer Kurve.
Zum Tatzeitpunkt hielten sich etwa 40 weitere Menschen in dem Bus auf. Die, die nicht verletzt wurden, wurden mit dem Rettungsbus der Feuerwehr in die Siegerlandhalle gebracht, wo sie von Polizei, Feuerwehr und Notfallseelsorge betreut. In der Siegener Innenstadt findet am Wochenende das Stadtfest zum 800. Jubiläum statt.
Messerangriff in Siegener Bus: Keine Hinweise auf Terroranschlag
Die Täterin, die laut Polizei die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wurde noch am Tatort festgenommen. Es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung, informiert die Polizei. Derzeit gebe es auch keine Hinweise auf einen Terroranschlag. „Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger darum, in sozialen Netzwerken oder auf anderen Kanälen keine Falschmeldungen zu verbreiten“, so die Polizei Dortmund in einer Meldung und auf X (vormals Twitter).
Hinweise zum Motiv der Tat seien noch nicht bekannt. Einige Medien berichten, die Täterin sei psychisch krank und hätte unter Drogen gestanden und dann wahllos auf ihre Opfer eingestochen. Sie sei der Polizei wegen verschiedener Betäubungsmittel-Delikten schon bekannt. Dazu machte die Polizei am Abend keine Angaben. Die Polizei Dortmund hat die Ermittlungen übernommen. Der Tatort in Siegen-Eiserfeld ist abgesperrt, die Polizei sichert Spuren und befragt Zeugen.
Landrat Andreas Müller (SPD), der in seinem Amt auch Chef der Kreispolizeibehörde ist, kam am Abend zum Tatort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Tat hatte ihn sichtlich erschüttert. Gegenüber unserem Reporter sagte Müller: „Das darf doch alles nicht wahr sein.“
Busfahrer hat geistesgegenwärtig reagiert und die Türen geöffnet
Betroffen von der Tat am Freitagabend zeigt sich auch Stephan Boch, Sprecher der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS), die den Busverkehr in Siegen-Wittgenstein organisiert. Der betroffene Bus sei ein Sonderbus (S5) gewesen, den man zwischen Neunkirchen und Siegen extra für das große Stadtfest eingesetzt habe. „Mit rund 40 Insassen war er zum Tatzeitpunkt wohl auch recht voll besetzt“, sagte Boch in der Nacht im Gespräch mit der Westfalenpost.
„Der Fahrer ist ein sehr erfahrender Kollege, der seit Jahren für uns tätig ist“, so Boch. Diese Erfahrung habe wohl auch dazu beigetragen, dass er geistesgegenwärtig reagiert und die Türen geöffnet habe, nachdem die Messerattacke stattfand: „So gab es wohl für viele Fahrgäste eine schnelle Fluchtmöglichkeit.“
Trotz der blutigen Attacke halte man den Busverkehr rund um Siegen aufrecht, der Tatort sei zwar abgesperrt, sonst würden aber alle Linien bedient: „Insbesondere alle Shuttlebusse rund um das Stadtfest fahren, so dass alle Gäste nach Hause kommen.“ Nun hoffe er, so Boch, dass sich der Zustand der schwer verletzt Fahrgäste schnell bessere. Mit Gewalt in Bussen habe die VWS selten zu tun, so der Unternehmenssprecher: „Wir stellen zwar fest, dass die Aggression auch bei uns in Siegen-Wittenstein zunimmt, aber meist ist es verbale Gewalt gegen unsere Busfahrer. „Ich bin seit fünf Jahren im Unternehmen. Ein Fall, bei dem ein Messer zum Einsatz kam, ist mir nicht bekannt.“
Stadt Siegen entscheidet: 800-Jahr-Fest wird wie geplant weitergehen
Eigentlich sollte das Wochenende in Siegen ganz im Zeichen des Jubiläums zum 800-jährigen Bestehen der Stadt stehen. Von Freitag bis Sonntag wird dies mit Konzerten, Veranstaltungen und einem verkaufsoffenen Sonntag gefeiert. Bürgermeister Steffen Mues hatte noch bei seiner Eröffnungsrede Bezug genommen auf den terroristischen Anschlag beim Stadtfest in Solingen mit drei Toten genau eine Woche zuvor. Er sprach von einem „abscheulichen Verbrechen“, sprach den Angehörigen der Toten, den Verletzten und allen Betroffenen sein Mitgefühl aus. Der Bürgermeister machte aber auch deutlich, dass man bewusst das Stadtfest feiere, damit die Terroristen ihr Ziel nicht erreichten. Für diese Haltung habe er im Vorfeld auch viel Zuspruch bekommen. Die Sicherheit hatte man gleichwohl im Blick, so gilt für das gesamte Stadtfest-Areal ein Messerverbot.
Wenig später nach der Eröffnung wurde Bürgermeister Steffen Mues dann mit der blutigen Messerattacke in dem Bus nur wenige Kilomter von dem Stadtfeste entfernt konfrontiert. Doch auch diese Tat wird das Stadtfest nicht verhindern. Man habe entschieden, dass das Fest am Samstag wie geplant fortgesetzt werde, so die Stadt am späten Abend. Bürgermeister Steffen Mues habe vor Ort mit den Augenzeuginnen und -zeugen gesprochen und den Ersthelfern, den Einsatzkräften sowie den Notfallseelsorgern gedankt. „Diese Tat hat bei uns allen absolute Fassungslosigkeit ausgelöst. Die offenbar verwirrte Einzeltäterin hat unfassbares Leid über völlig unbeteiligte Menschen gebracht, die in dem Bus unterwegs waren.“
Die Veranstalter stützen ihre Entscheidung, das Stadtfest fortzusetzen, auf die polizeilichen Erkenntnisse der Lage. Das Stadtfest beginnt am Samstag wie geplant um 11 Uhr mit dem ökumenischen Gottesdienst auf dem Platz des Unteren Schlosses.
Immer mehr Messergewalt
Angesichts eines deutlichen Anstiegs der Messergewalt in NRW und unter dem Eindruck der Bluttat von Solingen will NRW-Innenminister Herbert Reul den Kontrolldruck insbesondere auf junge Männer massiv erhöhen. 2023 war die Zahl der Straftaten mit Messern drastisch gestiegen. Laut Statistik gab es in NRW allein im vergangenen Jahr 6221 Straftaten mit Messern und sonstigen Stichwaffen, also rund 17 pro Tag. (red.)