Weil auf dem Übungsplatz in Garlstedt eine Geländelehrbahn gebaut wird, nutzt die Logistikschule der Bundeswehr derzeit vermehrt den Platz in Schwanewede. Führungen zu den NS-Lagerstätten sind aber möglich.
Schwanewede. Seit September 2015 wird die Lützow-Kaserne in Schwanewede militärisch nicht mehr genutzt. Anders sieht es mit dem Standortübungsplatz beiderseits der Verbindungsstraße zwischen Schwanewede und Neuenkirchen aus. Dort ist die Bundeswehr weiterhin präsent. Für Zivilisten ist das Gelände tabu. Eine Ausnahme gibt es lediglich für Führungen zu den Stätten ehemaliger Lager, in denen die Nationalsozialisten einst Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Deportierte untergebracht hatten, die sie zum Bau des U-Boot-Bunkers „Valentin“ zwangen. Jetzt machten Gerüchte die Runde, die Führungen könnten nicht mehr stattfinden.
Die Bundeswehr erlaube das aktuell nicht, weil auf dem Gelände vermehrt Übungen stattfänden, hieß es unter anderem in einer Sitzung der Arbeitsgruppe Konversion. Björn Herrmann (SPD) hatte davon gehört und das Thema zur Sprache gebracht. Auf Nachfrage unserer Redaktion stellte Kasernenkommandant Michael Glatz jedoch klar: „Die Führungen können weiterhin stattfinden, sie müssen aus Sicherheitsgründen allerdings rechtzeitig angemeldet werden – wie bisher auch.“
Gelände wird stärker genutzt
Der Übungsplatz in Schwanewede wird ebenso wie der in Garlstedt von der Logistikschule der Bundeswehr genutzt. Auf einer Kfz-Geländebahn im Norden des Schwaneweder Areals findet Fahrtraining auf Panzern und anderen militärischen Fahrzeugen statt. Tatsächlich nutzt die Logistikschule das Areal in Schwanewede derzeit stärker als zuletzt. Hintergrund ist laut Glatz der Bau einer Geländelehrbahn auf dem Platz in Garlstedt. Aus diesem Grund werden nach Angaben des Kasernenkommandanten aktuell Truppenteile zum Üben nach Schwanewede geschickt. „Aus Sicherheitsgründen müssen Absprachen getroffen werden. Wir müssen rechtzeitig wissen, wenn sich dort jemand aufhält“, betont der Kasernenkommandant. Führungen müssten deshalb rechtzeitig, mindestens eine Woche vorher, schriftlich per E-Mail angemeldet werden. „Daran hat sich jedoch nichts geändert. Das war bisher auch so.“
Führungen werden vom Team des Denkorts Bunker Valentin angeboten; weitere Ansprechpartner sind die Vereine „Dokumentations- und Gedenkstätte Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker Valentin“, die Heimatfreunde Neuenkirchen mit ihrer Sparte Gedenkstättenarbeit im Dokumentations- und Lernort Baracke Wilhelmine sowie die Internationale Friedensschule Bremen.
Der Geschichtslehrpfad entlang der ehemaligen Lagerstraße an der Hospitalstraße in Rekum ist das Hauptprojekt des Vereins „Dokumentations- und Gedenkstätte Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker Valentin“. Er verläuft an dem Weg, auf dem die Zwangsarbeiter von den Lagern zur Bunkerbaustelle getrieben wurden. Ein Großteil des Geschichtslehrpfades befindet sich auf dem Übungsgelände in Schwanewede. Auch bei Führungen, die in der Regel an der Baracke 27 an der Straße An der Kaserne in Neuenkirchen starten und enden, dürfen die Teilnehmer den Übungsplatz der Bundeswehr ausschließlich auf den ausgewiesenen Wegen betreten.
Am Geschichtslehrpfad erinnern Gedenkstelen an ein früheres Massengrab, an ein ehemaliges Außenlager des KZ Neuengamme und den KZ-Bahnhof, an ein früheres Arbeitserziehungslager, das ehemalige Marinegemeinschaftslager I und das Lager für sowjetische Kriegsgefangene. In der Dokumentationsstätte Baracke 27 können Besucher die Ausstellung „Leidensweg Lagerstraße“ sehen. Außerdem veranstaltet der Verein dort Vorträge, Lesungen und Workshops. In der Baracke Wilhelmine ist die Geschichte der Nutzung des Geländes zwischen Farge und Schwanewede und seiner Bauten ebenfalls in einer Ausstellung dokumentiert.
In Kürze wollen sich alle beteiligten Vereine und die Leitung des Denkorts Bunker Valentin treffen, um die Planung der Zukunft des Lagergeländes in Angriff zu nehmen. Dabei soll besprochen werden, wie das Areal entwickelt werden kann, nachdem die Bundeswehr es endgültig verlassen hat. Dabei spielt auch die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten eine große Rolle. Laut Harald Grote, der bei den Heimatfreunden Neuenkirchen für die Sparte Gedenkstättenarbeit zuständig ist, sind unter anderem Untersuchungen am ehemaligen KZ-Außenlager in Farge geplant. „Dafür wurde bei der Stiftung ein Förderantrag gestellt.“
Das KZ-Außenlager Farge war das drittgrößte Außenlager des KZ Neuengamme. Es wurde im Herbst 1943 in einem unterirdischen, ursprünglich als Öltank gebauten Rundbunker des Marine-Tanklagers eingerichtet. Später kamen weitere Baracken hinzu. Archäologische Untersuchungen könnten weitere Details zutage fördern.