Der 1. FC Kaiserslautern wird nach kicker-Informationen den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Sportliche Konsequenzen hat dies aber erstmal nicht. Für den Traditionsverein ist es hingegen eine wohl einmalige Chance zum Neuanfang. Doch wie geht es weiter?
Die wirtschaftliche Krise der Lauterer hat sich durch die Corona-Krise in den letzten Monaten weiter zugespitzt. Nun wird die mit über 20 Millionen Euro verschuldete Kapitalgesellschaft (1. FC Kaiserslautern GmbH & Co. KGaA) in dieser Woche den Antrag auf ein Insolvenzverfahren einreichen. Auf einer Pressekonferenz am Montag will der viermalige deutsche Meister über die aktuelle Lage und das weitere Vorgehen informieren.
Gläubiger nur zur Stundung der Darlehen bereit
Zuletzt hatten die Verantwortlichen der Roten Teufel intensiv am finanziellen Überleben des Traditionsvereins gearbeitet. Eine Einigung mit drei der größten Gläubiger, dem Stuttgarter Finanzdienstleister Quattrex (rund 10 Millionen Euro), dem Sportvermarkter Lagadere (rund 2 Millionen) und dem Luxemburgische Darlehensgeber Flavio Becca (2,6 Millionen) wurde jedoch nicht erzielt. Während der FCK einen Erlass von 90 Prozent der Verbindlichkeiten fordert, sollen die Gläubiger nur zu einer Stundung der Darlehen um ein Jahr bereit gewesen sein.
Doch das hilft nicht weiter, zum einen ist der Schuldenberg dafür inzwischen zu groß, zum anderen ändert es die grundlegende Problematik nicht. Denn die Schulden sind nur der eine Punkt, die fehlenden wirtschaftlichen Mittel für den defizitären Drittligabetrieb mit einem jährlichen Verlust von mehr als fünf Millionen Euro der andere. Der Einstieg zahlungskräftiger Investoren ist also zwingende Vorrausetzung für den künftigen Spielbetrieb auf dem Betzenberg. Die möglichen Geldgeber, die nach kicker-Informationen grundsätzliches Interesse an einem Einstieg beim Fritz-Walter-Klub haben, machen den Schuldenschnitt zur Bedingung.
Ob dieser tatsächlich über ein Insolvenzverfahren erreicht werden muss, ist längst noch nicht entschieden. Dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens folgt ein zwei- bis dreimonatiges vorläufiges Verfahren. Sollte der FCK in dieser Zeit mit den Gläubigern doch noch auf einen gemeinsamen Nenner kommen, kann der Antrag jederzeit zurückgezogen werden. Somit erhält der FCK durch den Antrag weitere Zeit, wichtige Zeit. Denn drei Monate hätte der Klub unter den aktuellen finanziellen Bedingungen nicht mehr überlebt.
Relevante Vermögenswerte kaum vorhanden
Bleibt die Einigung auch in diesem Zeitraum aus, strebt Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt eine Insolvenzverfahren in Eigenregie an. Ein solches Insolvenzplanverfahren war bereits vor Wochen ein diskutiertes Szenario. Mit Dirk Eichelbaum, einem Fachanwalt für Insolvenzrecht, hatte sich der Klub außerdem kürzlich erst einen Experten für Sanierungsfragen an die Seite gestellt. Der Betrieb bleibt in diesem Fall am Laufen, Voigt im Amt und auch Arbeitsverträge mit Spielern und Trainer bestehen weiter. Die Gehälter werden zunächst von der Agentur für Arbeit übernommen, zumindest bis zur Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 6900 Euro pro Monat. Gemeinsam mit einem dem Klub an die Seite gestellten Sachverwalter wird ein Plan zur Fortführung des Unternehmens und zur Möglichst hohen Befriedigung der Gläubiger entwickelt. Doch relevante Vermögenswerte sind nicht vorhanden, sodass sich die Insolvenzquote im einstelligen Prozentbereich bewegen dürfte. Für den Verein gewissermaßen auch ein Druckmittel in den anstehenden Verhandlungen mit den Kreditoren. Denn eine Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens wäre für den FCK der deutlich angenehmere Weg – und für die Gläubiger könnte am Ende zumindest etwas mehr dabei rausspringen.
Kein Neun-Punkte-Abzug wegen der Corona-Krise
Dass die Möglichkeit des Insolvenzantrags für den FCK überhaupt in Frage kommt, ist auch der aktuellen Lage geschuldet. Denn sportliche Konsequenzen hat der Antrag erstmal nicht. Um die Folgen der Corona-Krise abzufedern, hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB), in dessen Zuständigkeit die 3. Liga fällt, angekündigt, den sonst üblichen Neun-Punkte-Abzug auszusetzen. Dies bewahrt das Bundesliga-Gründungsmitglied also vor dem Sturz in die Abstiegszone. Und über die Überlebensfähigkeit des Vereins in der Regionalliga müssten nicht einmal Gedankenspiele angestellt werden.
Insolvenz wäre kein Schreckensszenario
Die Insolvenz als Schreckensszenario? Nicht also beim 1. FC Kaiserslautern. Viel mehr bietet sich dem viermaligen deutschen Meister die Chance auf einen geregelten Neuanfang. Dieser ist nämlich nur ohne die erdrückenden Altlasten der Vergangenheit möglich. Nach der jahrelangen finanziellen Misswirtschaft, dem Bundesliga-Abstieg 2012, den verpassten Wiederaufstiegen und dem Absturz in die 3. Liga 2018 kam der FCK bisher nicht mehr auf die Beine. Jetzt können zumindest die Grundlagen geschaffen werden, damit sich dies wieder ändert.