Illegales Glücksspiel, laute Feiern, wildes Parken: In Blumenthal machen einige Anlieger offenbar, was sie wollen. Der Ortsamtsleiter kritisiert jetzt einzelne Senatsressorts für Untätigkeit.
Illegales Glücksspiel, nicht genehmigtes Gewerbe, nächtliche Ruhestörung, wildes Parken. Die Situation im alten Blumenthaler Zentrum hat sich offenbar so zugespitzt, dass sich Ortsamtsleiter Peter Nowack (SPD) mit einem internen Schreiben an einige Bremer Senatoren gewandt hat. In der E-Mail fragt er offen, „ob wir uns dafür entscheiden, das Blumenthaler Zentrum aufzugeben?“
Gegenüber unserer Zeitung sagt Nowack: „Integration darf keine Einbahnstraße sein.“ Gleichzeitig kritisiert er einzelne Senatsressorts fürs Wegschauen. Während Kritiker Peter Nowack vorwerfen, mit dem Brief rechte Vorurteile zu schüren, hat Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) bereits auf den Hilferuf reagiert.
Manche Formulierungen in der E-Mail, die der Redaktion vorliegt, haben es in sich. Wenn es im Ortskern so weitergehe wie bisher, „dann werden die letzten deutschen Bewohner vertrieben und die letzten deutschen Eigentümer von Immobilien werden keinen deutschen Käufer mehr finden“, schreibt Nowack auch an Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne), den Bausenator und Wirtschafts-
Staatsrat Ekkehart Siering.
Seit mehr als einem Jahr spielten sich offenbar Szenen im alten Blumenthaler Zentrum ab, die eine Stabilisierung des Zentrums unmöglich machten. Im Umlauf ist auch die Mail einer Anwohnerin, die sich über die tagelang laut feiernden Nachbarn mit Migrationshintergrund beschwert: „Entweder man kann das aushalten, oder man zieht weg.“ Mittlerweile befasst sich auch die Initiative Blumenthal mit den Themen Ruhestörung und Müll auf Marktplatz und Bahrsplate. Auch von hier heißt es: Gegen Ordnungswidrigkeiten werde nicht konsequent genug vorgegangen.
Offenbar machen einige Anlieger der Mühlen- und Kapitän-Dallmann-Straße was sie wollen. Nowack geht davon aus, dass in einem Wohnhaus an der Mühlenstraße, für das es keine gewerbliche Nutzung gibt, „Runden mit illegalem Glücksspiel“ stattfinden. Nowack: „Und wenn man die abendlichen Besucher mit überwiegend Limousinen der Oberklasse sieht, geht es wohl um höhere Einsätze.“
Nowack pocht auf Regeln
Der Ortsamtsleiter stellt fest, dass in einem Hostel, wo Menschen auf Zeit leben sollten, ganze Familien in offensichtlich viel zu kleinen Wohnungen wohnen, dass ein kleiner Supermarkt immer geöffnet habe. „Das ist zwar nicht erlaubt – aber was soll’s?“ Und er berichtet von nicht genehmigten gewerblichen Veranstaltungen – drei- bis viermal die Woche – an der Mühlenstraße. „Jedenfalls grillt der Besitzer dann schon mal für 100 Leute auf dem Parkplatz.“
Angeblich handele es sich um Feiern für Verwandte, das Grillgut müsse jedoch bezahlt werden. „Offensichtlich gibt es dort ein Gewerbe, für das es keine Genehmigung gibt. Aber ebenso offensichtlich interessiert das niemanden.“ Ein Auslöser für Nowacks Engagement sind die hohen Wahl-Ergebnisse der AfD im Stadtteil: Dass man ihm hinter vorgehaltener Hand vorwirft, der Partei mit dem Schreiben in die Hände zu spielen, ärgert Nowack: „Alle sagen, wir müssen aus Wahlergebnissen lernen. Dann zieht man daraus die Schlüsse und wird dafür an die Wand genagelt.“
Er sei ein Verfechter einer Mischung von Kulturen, heißt es auch in seinem Schreiben. „Ich bin aber auch ein Verfechter für das Einhalten von Regeln. Und diese basieren nach meinen Informationen immer noch auf den in diesem Land geltenden Gesetzen und Verordnungen.“
Im Fall von Blumenthal müsse die Polizei die Einhaltung dieser Regeln durchsetzen. „Ich hätte gern die Möglichkeit, den Mitarbeitern des Gewerbeaufsichtsamtes Anweisungen für ein Vorgehen zu erteilen, ich würde die Polizei dort so oft und so lange auftauchen lassen, dass die alle die Lust verlieren, und ich würde die Besitzer wegen Verstoßes gegen mindestens 20 Gesetze und Verordnungen strafrechtlich belangen.“
In seiner E-Mail an die Senatoren kritisiert Nowack unter anderem die geplante Einrichtung einer Shisha-Lounge. Der Beirat habe das abgelehnt, die Baubehörde wolle eine Genehmigung erteilen. Auch dass Kleinkinder nach 20 Uhr oder bei warmem Wetter auch mal bis nach Mitternacht unbeaufsichtigt auf der Straße toben, interessiere keine Behörde.
Strafanzeigen zu Prostitution oder illegalem Glücksspiel lägen der Polizei derzeit nicht vor, teilt Polizeisprecherin Franka Haedke auf Anfrage mit. Auch Hinweise auf Drogenhandel gebe es nicht. Der Blumenthaler Marktplatz und angrenzende Straßen würden von Großfamilien als Kommunikationsraum genutzt. „Weil es sich in diesem Fall um Familien mit zahlreichen Familienmitgliedern handelt, kann es hier zu einer entsprechenden Geräuschentwicklung kommen.“ Die Grenze zwischen Kommunikation und Ruhestörung sei dabei fließend, so Haedke.
Der Brief hat dennoch Wirkung gezeigt: „Innensenator Ulrich Mäurer steht inzwischen mit einer Anwohnerin in Kontakt und wird sich persönlich in den kommenden Tagen einen Eindruck vor Ort verschaffen.“ Außerdem werde sich nach Rücksprache zwischen dem Bremen-Nord-Beauftragten Martin Prange und dem Ortsamtsleiter die Arbeitsgruppe, die sich bisher vor allem mit den Mieterproblemen an der George-Albrecht-Straße befasst hat, nun auch der Probleme in der Mühlenstraße annehmen.