Gegen Lebensmittelverschwendung Bremen will Containern nicht bestrafen

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18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen jährlich in Deutschland im Müll. Die Bremer Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und Linken wollen das Mitnehmen weggeworfener Lebensmittel nun entkriminalisieren.
Mehr als 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen laut einer Studie der Umweltschutzorganisation WWF in Deutschland jedes Jahr im Müll. Doch wer noch genießbares Essen aus dem Müll holt und mitnimmt, macht sich wegen Diebstahls strafbar. Bremen will dieses sogenannte Containern in Zukunft nicht mehr ahnden. Die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und Linken setzen sich in einem Bürgerschaftsantrag für die Entkriminalisierung ein. Die Initiative für den Antrag ging von den Grünen aus.
In Verfahren wegen Diebstahls weggeworfener Lebensmittel wolle man künftig in der Regel „wegen Geringfügigkeit“ von einer Strafverfolgung absehen, heißt es in dem Antrag. Eine Ausnahme soll es dabei künftig aber noch geben: Bricht jemand zum Beispiel in eine Lagerhalle ein, um sich weggeworfenes Essen zu beschaffen oder wendet anderweitig Gewalt an, dann soll dies auch in Bremen weiterhin vor Gericht kommen.
„Ich war geschockt, dass es überhaupt möglich ist, Studentinnen mit Sozialstunden zu bestrafen, weil sie sich Lebensmittel aus einem Container genommen haben“, sagt Sülmez Dogan, rechtspolitische Sprecherin der Bremer Grünen-Fraktion. „Das Gericht hat da maßlos überzogen.“ Dogan bezieht sich damit auf den Fall von zwei Studentinnen aus Bayern, die 2019 verurteilt wurden, nachdem sie mit weggeworfenem Essen erwischt wurden. Nachdem dieses Urteil vom Bayrischen Oberlandesgericht bestätigt wurde, hatte die Bremer Justizbehörde bekundet, man halte es für wünschenswert, Containern zu legalisieren.
Zuvor hatte Bremen bereits einen Hamburger Vorstoß zur Legalisierung auf Bundesebene unterstützt – Hamburg und Bremen wollten das Gesetz ändern. Allerdings hatten sie damit keinen Erfolg: Die CDU-geführten Bundesländer waren dagegen. Containern sei „menschenunwürdig und hygienisch problematisch“, argumentierten sie.

Neuer Vorstoß auf Bundesebene

Nun kündigen die Bremer Koalitionsfraktionen einen neuen Vorstoß auf Bundesebene an: Nach ihrem Willen sollen künftig alle Lebensmittelbetriebe ab einer bestimmten Größe verpflichtet werden, sichere Lebensmittel, die sonst in den Müll wandern würden, an gemeinnützige Einrichtungen zu spenden – zum Beispiel an die Tafeln. In Frankreich und Tschechien gebe es bereits eine solche Verpflichtung für größere Supermärkte, sagt Dogan. „Es ist schade, dass so viele Lebensmittel weggeworfen werden“, kritisiert Dogan – das sei problematisch, weil es bedürftige Menschen gebe, es sei aber auch klimapolitisch bedenklich, schließlich würden Lebensmittel oft weit transportiert.
Will die Landesregierung unterstützen, dass Menschen im Müll wühlen? Keinesfalls, sagt Sülmez Dogan. Supermärkte sollten noch essbare Lebensmittel gar nicht erst in die Tonne werfen, sondern an einem zugänglichen Ort stapeln, so die Grünen-Politikerin. Dort könnten Interessierte sie sich abholen.
Solange sich auf Bundesebene beim Containern noch nichts bewegt, soll nun der Bremer Senat nach dem Willen der Regierungsfraktionen das Gespräch mit Supermärkten, Tafeln und Initiativen wie zum Beispiel Food-
sharing Bremen suchen, um zu klären, wie sich Lebensmittelverschwendung vermeiden lässt. Dabei solle man an positive Beispiele anknüpfen. Solche gibt es in Bremen schon: Bestimmte Supermärkte arbeiten mit Lebensmittelrettern zusammen und überlassen ihnen nicht mehr verkaufbares Essen.

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